Stefan Sell: Projekt-Zeitenwende?

Wo ist das groß angekündigte Projekt "Zeitenwende" zu finden?

In Stefan Sells eigener Beschreibung eines - von der GEMA geförderten Hilfs-Projektes für Künstler - liest man:

[...] "Sein aktuelles Projekt Zeitenwende (2022) wurde von  der Jury der GEMA einstimmig angenommen und unter der Prämisse  NEUSTART KULTUR mit einem GEMA Stipendium gefördert. Es ist eine  digitale Gitarrensinfonie, komponiert und gespielt auf einer  MIDI-Konzertgitarre, die Töne und Klänge von Orchesterinstrumenten aus  den Abbey Road Studios und des BBC Symphony Orchestra’s spielen lässt.  Der Clou: Nicht ein einziger Gitarrenton ist zu hören."[...]

QUELLE: https://leserattenservice.de/wp-content/uploads/2022/06/STEFAN-SELL-Ku%CC%88nstlerinfo-2022.pdf

Vielleicht ist "von der GEMA einstimmig angenommen" etwas überhöht oder übertrieben, wenn man weiß, dass 30 Millionen Euro Förderungen vergeben wurden, also 6.000 Künstler-Projekte gefördert wurden.

Dann sollte aber auch erwähnt werden, dass Stefan Sell zusätzlich bis zum Tode seiner Mutter im März 2021 von ihr mit weitaus höheren Summen sehr großzügig finanziell unterstützt wurde.

Warum aber ist das Projekt nirgendwo zu finden?

Behauptung oder Wahrheit?

Die Frage, ob wirklich nicht ein einziger Gitarrenton zu hören ist, lässt sich durch ein Video eines Konzertes mit ca. 30 Besuchern (AWEBü - Andere Welt Bühne Strausberg) am 12.11.2023 aufklären:

https://youtu.be/PCeL3nS-ZLs?si=roE1z5H5Ub0KJnpZ

Dort spielt Stefan Sell verschiedene Soundmodule per MIDI-Steuerung über seine Gitarre an. Die Gitarre dominiert den Klang dennoch, aber man hört auch synthetische getriggerte Orchesterklänge. Ein normaler Vorgang in modernen Musikproduktionen. Die angekündigte Besonderheit enttäuscht den Zuhörer, weil sie offensichtlich (im Video) nicht standhält.

Er nennt dieses Stück im Video eine Hymne an Sevilla. Ich habe selbst nach "Hymne Sevilla" (Himno del Sevilla) recherchiert und überzeugendere spanische Ergebnisse gehört.

Himno del Sevilla:

https://youtu.be/JKTBhb6ggjQ?si=8dcGi6_gDmRj5j7k

https://youtu.be/V9TiXrwiiec?si=-mLuuxYVP6usgYzH

Mir scheint, dass Stefan Sell sich auch hier eine offizielle Anerkennung der Stadt Sevilla ersehnt, die "Geliebte" seine Avancen jedoch nicht erwidert. Vielleicht ist seine Komposition zu wenig leidenschaftlich, dafür kopflastiger? Es ist sicher nicht leicht die spanische Mentalität zu verstehen. Stefan Sell und "seine spanische Gitarre" ein lebenslanger Drahtseilakt, insbesondere wenn man Spanier dazu selbst befragt.

Da tut sich mir direkt und erneut eine Parallele zu seiner engen Verbundenheit zu Don Quixote / Don Quichotte / Don Quijote auf und seiner imaginären "Angebeteten" Dulcinea auf. Phantasie halt.

Was mich am meisten wundert: 

Was ist neu daran, wenn über eine Midisteuerung andere Instrumente oder gar Orchester angesteuert werden? Da ich selbst Musiker bin, kann ich aus viele Erfahrungen von Studioproduktionen sagen, dass dies seit Jahrzehnten ein normaler Vorgang bei modernen Musikproduktionen ist. Stets sind diese Soundbibliotheken mit bekannten Musikern oder Orchestern erstellt worden.

Die GEMA schreibt zu diesem Förderprogramm:

[...] Die GEMA vergibt über ein Stipendienprogramm 30 Millionen  Euro an Musikautorinnen und Musikautoren für kreative  Entwicklungsvorhaben.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters stellt die  Gelder im Rahmen des Rettungs- und Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR zur Verfügung. Musikschaffende können sich ab 2. August bei der GEMA um eine viermonatige Förderung in Höhe von 5.000 Euro bewerben.

Musikschaffende mussten im vergangenen Jahr durch den Ausfall von Veranstaltungen, die Schließung von Gastronomie und Handel und verschobene Produktionen erhebliche Einnahmeeinbußen hinnehmen. 

Im  gemeinsamen Dialog mit der GEMA und den anderen Verwertungsgesellschaften stellt die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Rettungs- und Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR 90 Millionen Euro für Stipendienprogramme der Verwertungsgesellschaften GEMA, GVL, VG Wort und VG Bild-Kunst zur Verfügung. Das Stipendienprogramm der GEMA soll dazu beitragen, die kulturelle Vielfalt der deutschen Musik- und Kulturszene wiederzubeleben und aufrechtzuerhalten.

Die Stipendien betragen jeweils 5.000 Euro und haben eine Laufzeit von vier Monaten. Sie sollen Musikautorinnen und Musikautoren dazu  ermutigen, ihr künstlerisches Wirken trotz der Einschränkungen durch die Pandemie fortzusetzen.

Anträge für eine Förderung können bei der GEMA  ab dem 2. August online gestellt werden. Das Stipendienprogramm der GEMA richtet sich grundsätzlich an  KSK-versicherte Mitglieder der GEMA, die ihren Wohnsitz in Deutschland  haben und im Jahr 2020 ein Jahreseinkommen von 60.000 Euro nicht  überschritten haben.

Für eine Förderung kommen Vorhaben in Frage, die  sich der Entwicklung neuer künstlerischer Ideen und deren Ausarbeitung widmen. Ziel des Programms ist das Aufrechterhalten der musikalischen und schöpferischen Fertigkeiten von Musikautorinnen und Musikautoren auch während der Corona-Pandemie. 

Musikschaffende sollen befähigt  werden, die aktuelle Situation kreativ für ihre künstlerische  Weiterentwicklung zu nutzen und offene Entwicklungsvorhaben im Rahmen  des eigenen musikalisch-künstlerischen Schaffens zu realisieren.  

Mithilfe des Stipendiums soll der hierfür notwendige materielle Rahmen geschaffen werden. Eine unabhängige Jury entscheidet über die Bewilligung der Anträge. [...]

Quelle: https://www.gema.de/de/w/gema-startet-30-millionen-euro-stipendienprogramm-fuer-musikschaffende

Wir haben die GEMA konkret
mit folgenden Fragen dazu kontaktiert:

a) Warum ist das Ergebnis eines von mir als Mitglied der GEMA mitgeförderten Projektes nicht verpflichtend auch öffentlich zu präsentieren?

b) Die GEMA selbst sagt: [...] Für eine Förderung kommen Vorhaben in Frage, die  sich der Entwicklung neuer künstlerischer Ideen und deren Ausarbeitung widmen. [...] - Die Frage ist dann aber: Was ist neu daran, wenn jemand ein gängiges Verfahren nutzt, um Soundmodule per MIDI anzusteuern?

Ein erster Kontakt am 08.04.2024 mit Gema-Direktorin Ursula Goebel hat folgendes ergeben:

Zitat aus der Antwort zu unserer Anfrage:

[...] Eine Liste aller geförderten Unternehmen (und der Begründung für eine Förderung) können Sie beim Projekt des BKM anfragen.

Wir haben als Struktur- und Umsetzungspartner bei der Verteilung der Fördermittel unterstützt, aber nicht die Entscheidung für oder gegen gefällt. [...]

Einen LINK zu einer Liste beim BKM haben wir gefunden, der führt jedoch auf eine ERROR 404 - Seite.

Auf die anschließende erneute Anfrage bei der GEMA, wie denn dann die bessere oder korrekte Formulierung lauten müsse, erhielten wir folgende Antwort:

[...] Lassen Sie mich den genannten Sachverhalt intern abgleichen, denn mir scheint, dass er (Stefan Sell) ggf. nicht Neustart Kultur meint, sondern unsere eigenen Corona-Hilfen für Mitglieder. Kann das sein? [...]

Die Frage konnten wir bisher nicht beantworten. Wir warten daher nun auf eine weitere interne Klärung.


[...] Stipendien im Rahmen von Neustart Kultur

Teil von Neustart Kultur waren auch zahlreiche Stipendienprogramme, die teilweise von Verwertungsgesellschaften, teilweise aber auch von anderen Institutionen vergeben wurden.

Besonders wichtig: Es handelte sich um Gelder, die aus dem Etat der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) stammten, nicht um Gelder dieser Institutionen selbst. Sowohl Verwertungsgesellschaften wie andere Institutionen, die Stipendien vergaben, verteilten diese Mittel lediglich. [...]

Quelle: https://www.backstagepro.de/thema/streit-wegen-steuerfreiheit-von-neustart-kultur-stipendien-2023-10-06-XpvSmrZGlc